Der Irrsinn der nuklearen Abschreckung  -
Warum Deutschland unbedingt die „Nukleare Teilhabe“ aufgeben muss

 

Zusammenfassung:
In Deutschland  sind US-amerikanische Atombomben stationiert. Deutsche Piloten üben ständig den Abwurf. Die deutsche Regierung ist entschlossen, im Rahmen ihres 100-Milliarden-Rüstungsprogamms neue Kampfjets für den Einsatz von Atombomben zu beschaffen.

Nuklearwaffen in Deutschland tragen nichts zur Lösung der gegenwärtigen Krise bei. Sie erhöhen vielmehr das Risiko eines Atomkriegs, besonders das Risiko eines „Atomkriegs aus Versehen“, beginnend in Europa. Nuklearwaffen in Deutschland machen uns zu einem bevorzugten atomaren Angriffsziel. Deshalb sollte Deutschland kein Standort für Atomwaffen sein und sich nicht an deren Einsatz beteiligen.

 

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Inhalt

1.    Atombomben und Atombomber in Deutschland. 2

2.    Das Konzept der Abschreckung ist hyperriskant 2

3.    „Atomkrieg aus Versehen“ ist eine reale Gefahr. 4

1.   Beinahe-Atomkrieg durch technischen Fehler „Mondaufgang“. 4

2.   Beinahe-Atomkrieg durch technischen Fehler „Chipfehler“. 4

3.   Beinahe-Atomkrieg durch technischen Fehler „Braunbär“. 5

4.   Beinahe-Atomkrieg während der „Suez-Krise“. 5

5.   Beinahe-Atomkrieg während der „Kuba-Krise“. 6

6.   Beinahe-Atomkrieg bei NATO-Übung 1983 „Able Archer“ 6

4.    Der Ausstieg Deutschlands aus der „nuklearen Teilhabe“ ist möglich. 7

 


 

1.    Atombomben und Atombomber in Deutschland

Auf dem Fliegerhorst Büchel, in der Eifel, sind bereits etwa 20 US-amerikanische Atombomben stationiert[1]. Jede dieser Bomben hat eine Sprengkraft von bis zu 170 Kilotonnen Sprengstoff. Das entspricht 170.000 Tonnen Dynamit, also das 13fache der Hiroshima-Bombe.[2]

Diese Bomben sollen ersetzt werden durch Bomben des Typs B61-12[3]. Die Anregung dazu kam Anfang dieses Jahrhunderts vom US-Präsidenten George W. Bush, um einen begrenzten Atomkrieg führen zu können. Diese Bomben sind  zielgenauer als die bisherigen. Die Sprengkraft ist vor dem Einsatz einstellbar, wobei die niedrigste Sprengkraft als  „Bunkerknacker“ gedacht ist. Für Militärköpfe ist das verlockend, weil man denkt, damit taktische Ziele erreichen zu können unterhalb der Schwelle zum großen Atomkrieg[4].

Deutsche Pilot:innen trainieren schon seit langem in der Eifel den Einsatz und den Abwurf von Atombomben. Der Einsatzbefehl erfolgt ausschließlich durch den Präsidenten der USA, ohne deutsches Einspruchsrecht.

Die dafür verwendeten Tornadoflugzeuge sollen im Rahmen des 100-Milliarden-Aufrüstungsprogamm der deutschen Regierung durch Tarnkappenjets vom Typ F-35[5] ersetzt werden und zwar in der Ausstattung als Atombomber. Die F-35  gelten als modernste Kampfjets der Welt. Sie sind noch in der Entwicklung. Ob sie jemals einsatz­fähig sein werden, wird von manchen bezweifelt.[6] Dafür gibt es einige Anzeichen:

·         Die komplette Software für die F-35 enthält 33 Millionen Zeilen Programmcode. In der Industrie rechnet man mit einem bis 25 Fehlern pro 1.000 Zeilen Programmcode. Microsoft mit seinen strengeren Testverfahren rechnet mit einem Fehler pro 2.000 Zeilen.[7]

·         Die Prüfkommission des Pentagon fand in der Software rund 300 schwer­wiegende Softwarefehler.[8]

·         Dieselbe Prüfkommission des Penta­gon fand, die Kampfjets F-35 seien anfällig gegen Hackerangriffe.[9]

Unabhängig von diesen schweren Fehlern werden die F-35-Kampfjets frühestens 2027 zur Verfügung stehen. Noch kann also die Entscheidung für Kauf der mIlliardenteuren Atombomber F-35 rückgängig gemacht werden.

 

2.    Das Konzept der Abschreckung ist hyperriskant

Es wird behauptet, die Abschreckung durch Atomwaffen würde den Frieden sichern: Durch die Zweitschlagsfähigkeit zwischen den beiden großen Atommächten würde keine Seite es wagen, einen Atomkrieg zu beginnen, weil das zur vollständigen eigene Vernichtung führen würde. Die Atommächte USA und die damalige Sowjetunion verfügten schon in den 60er-Jahren des vorigen Jahrhunderts über Atomwaffen, um die Menschheit mehrfach zu vernichten und  den Planeten unbewohnbar zu machen. Aus Furcht davor, so die Theorie der Abschreckung, sei es zu keinem Atomkrieg gekommen.

Das Konzept der Friedenssicherung durch atomare Abschreckung ist veraltet und zudem hochgefährlich, aus mindestens drei Gründen:

1.      Friedenssicherung durch atomare Abschreckung funktionierte allenfalls vor Jahrzehnten, als die Atomkriegsgefahr vor allem darin bestand, mit Interkontinental­raketen Russland bzw. die USA anzugreifen. Damals gab es die Mög­lich­keit, einen solchen Angriff zu erkennen und einen Gegenschlag auszulösen, also das Prinzip: „Wer zuerst schießt, stirbt als zweiter“.  Inzwischen kreuzen aber Atom-U-Boote beider Seiten in den geg­nerischen Gewässern. Außerdem haben beide Seiten taktische Atomwaffen, das heißt Nuklearwaffen, mit denen man hofft, einen begrenzten Atomkrieg führen zu können.

 

2.      Das Konzept der atomaren Abschreckung ist hochriskant: Frühwarnsysteme für nukleare Bedrohungen basieren auf Sensoren und sehr komplexen Computer-Netzwerken.[10] Sie sollen Angriffe mit Atomwaffen so früh erkennen, dass ein Gegenschlag ausgelöst werden kann, bevor die angreifenden Atomraketen einschlagen. In Frühwarnsystemen kann es aber zu Fehlalarmen kommen, d.h. es wird ein Angriff mit Atomwaffen gemeldet, obwohl keine Bedrohung vorliegt. Das ist keine bloße Theorie von Angsthasen, sondern die Welt ist bereits mehrfach nur durch Zufall oder die Besonnenheit einzelner[11] einem Atomkrieg entronnen. Im nächsten Abschnitt werden dafür Beispiele aufgeführt. Gerade in einer Krise wie der jetzigen ist die Gefahr groß, dass es ungewollt zu einem Atomkrieg kommt, oder dass taktische Atomwaffen eingesetzt werden, und sich dann der Einsatz von Atomwaffen hochschaukelt bis zum totalen Atomkrieg.

 

Der dritte Grund gegen das Konzept der nuklearen Abschreckung betrifft uns in Deutschland besonders: Der Fliegerhorst Büchel mit seinen Atombomben und Atombombern ist für einen Gegner natürlich ein bevorzugtes Ziel für einen Präventiv­schlag. Die Koordinaten des Fliegerhorsts Büchel sind sicherlich schon in die russischen Zielsysteme eingespeist. Ähnliches dürfte auch für die Bodenseeregion gelten, die dichteste Rüstungsregion Deutschlands.  

Diese besondere Gefährdung Deutschlands schildert Klaus von Dohnanyi, ehemaliger deutscher Bundesminister, so: “Wenn ich diesen [Ukraine-]Krieg sehe, dann versuche ich darüber nachzudenken, wie das weitergehen wird. Mich besorgt, dass aus diesem Krieg ein größerer werden kann. … Ich habe ja [1979] eine NATO-Übung in Vertretung von Helmut Schmidt gemacht;  ich war sozusagen der Chef im Bunker damals. Diese NATO-Übung hat dazu geführt, dass Russland leicht vorankam … und dass dann die USA, ohne mit uns darüber zu reden, auf deutschem Gebiet taktische Atomwaffen abgeworfen haben.

Daraufhin habe ich … einen Brief an Helmut Schmidt geschrieben: «Herr Bundeskanzler, das geht doch nicht, dass wir von den USA überhaupt nicht gefragt werden, was sie in Deutschland machen.» …  [Der Bundeskanzler antwortete]: «Ich weiß. Das ist NATO-Strategie, wenn ein solcher Angriff erfolgt, werden bei uns nukleare taktische Atomwaffen abgeworfen.» Daraufhin habe ich zu Schmidt gesagt: «Das ist doch ein ungeheurer Vorgang.» [Schmidt:] «Wenn die Gefahr für einen Krieg besteht, werde ich Deutschland für neutral erklären.» Daraufhin habe ich gesagt: «Helmut, dann ist es zu spät.» Das ist unsere wahre Lage und darüber wird bei uns in Deutschland viel zu wenig geredet.[12]

 

3.    „Atomkrieg aus Versehen“ ist eine reale Gefahr

In den Diskussionen zur Rüstung oder zur Friedenssicherung durch militärische Stärke wird kaum die Gefahr eines „Atomkriegs aus Versehen“ berücksichtigt, das heißt die Auslösung eines Atomkriegs durch technische Fehler oder durch Fehlalarme.

Mindestens 46mal gab es in der Vergangenheit schwere Unfälle mit Atomwaffen.[13]  So verloren etwa Atombomber schon mehrfach Wasserstoffbomben, die nicht wieder gefunden werden konnten[14]. Aber schlimmer noch: Die Welt ist schon mehrfach nur durch Zufall an einem Atomkrieg vorbei­geschrammt[15]. Es seien nur einige Beispiele aufgeführt, drei für technische Fehler und drei für Entscheidungsfehler:

 

1.   Beinahe-Atomkrieg durch technischen Fehler „Mondaufgang“

Im Oktober 1960 meldeten US-Radargeräte in Grönland einen Großangriff sowjetischer Interkontinen­tal­raketen auf die USA. Alle Raketen­systeme gingen in Alarmbereitschaft und wurden für den Zweitschlag vorbereitet. Nur weil der sowjetische Präsident Nikita Chruschtschow zu der Zeit gerade in New York bei der UNO war, überprüfte man die Meldung. Es stellte sich heraus: Das Radarsystem hatte den Mondaufgang in Norwegen fälschlich als sowjetischen Angriff interpretiert.[16]

 

2.   Beinahe-Atomkrieg durch technischen Fehler „Chipfehler

Im Juni 1980 wurde mehrfach ein Massenangriff sowjetischer Raketen auf die USA gemeldet.[17] Ein Beteiligter schilderte einen dieser Vorfälle so:  „Wir schlugen Alarm. Die Crews holten ihre Abschusscodes aus dem Safe. Sie steckten die Schlüssel in die Startschalter. Zbigniew Brzezinski wurde mitten in der Nacht geweckt und man teilte ihm mit, dass mit Sicherheit ein Atomangriff im Gange sei und dass er Präsident Carter wecken müsse. 8 Minuten lang wurden Vorbereitungen für den Abschuss von Atomwaffen getroffen.“ [18]

Zum Glück fand man den Fehler noch rechtzeitig: Ein Computerchip für 47 Cent hatte gemeldet „1111“ statt „0000“: „Raketen unterwegs“.

 

 

 

3.   Beinahe-Atomkrieg durch technischen Fehler „Braunbär

1962, während der Kubakrise, drang nachts ein vermeintlicher Saboteur in einen US-Stützpunkt im Staat Wisconsin ein. Es war eine hochbrisante Zeit, in der die beiden Machtblöcke mit einem Atomangriff rechneten. Als der vermeintliche Saboteur weder auf den Anruf des Wachtpostens noch auf einen Warnschuss reagiert, löst der Wachtposten Alarm aus. Im zuständigen Stützpunkt, 500 km entfernt, werden die Kampfpiloten aus dem Schlaf gerissen: das sei kein Training, sondern der Ernstfall. Inzwischen versucht der Wachtposten, den Saboteur festzunehmen. Es war nur ein Braunbär[19]. Der Offizier vom Dienst erkennt also den Fehlalarm, kann aber den eingeleiteten Start der Kampfflugzeuge zunächst nicht abbrechen, weil er keine Funkverbindung hat. In letzter Sekunde konnte dann durch einen Zufall der Einsatz doch noch abgebrochen werden.

 

Das sind nur drei Beispiele für technische Fehler, die beinahe zum Einsatz von Nuklearwaffen geführt hätten.

Die Gefahr eines „Atomkriegs aus Versehen“ durch Fehleinschätzungen oder Unkenntnis der realen Lage ist gerade in Krisenzeiten enorm hoch. Hier drei Beispiele für Beinahe-Atomkrieg in Krisenzeiten:

 

4.   Beinahe-Atomkrieg während der „Suez-Krise

1956 verstaatlichte Ägypten die Suez­kanal-Gesellschaft, die bis dahin überwiegend Frankreich und Großbritannien gehörte. Als britische Truppen Ägypten angriffen, warnte  die Sowjetunion, sie zöge (nicht-nukleare) Angriffe auf London und Paris in Betracht, um die Kämpfe zu stoppen. Es war also eine hochangespannte Situation.

In der Nacht des 5. November 1956 gingen bei der US-Luftabwehr mehrere Warnungen ein: über der Türkei gebe es nicht iden­tifizierte Flugobjekte, 100 sowjetische Kampfjets flögen über Syrien, ein britischer Bomber sei über Syrien zum Absturz gebracht worden, und eine sowjetische Flotte sei auf dem Weg in die Türkei. All diese Ereignisse deuteten für die USA auf eine sowjetische Offensive hin, sodass sie einen baldigen russischen Atomschlag gegen die NATO befürchteten.

Gerade noch rechtzeitig stellte sich heraus: Die nicht identifizierten Flugobjekte in der Türkei waren ein Schwarm Schwäne, die sowjetischen Kampfjets waren nicht hundert, sondern nur eine Lufteskorte für den syrischen Präsidenten, der britische Bomber war durch mechanische Störungen abgestürzt, und die sowjetische Flotte führte nur eine planmäßige Routineübung durch[20].

 

 

 

5.   Beinahe-Atomkrieg während der „Kuba-Krise“

Nachdem die USA atomare Mittelstreckenraketen auf einem NATO-Stützpunkt  in der Türkei stationiert hatten, wollte die Sowjetunion eigene Mittelstreckenraketen auf Kuba statio­nieren. Die amerikanische Regierung unter Präsident Kennedy drohte, sie werde nötigenfalls Atomwaffen einsetzen, um die Stationierung auf Kuba zu verhindern.

Die sowjetischen Raketen wurden per Schiff Richtung Kuba transportiert. Vor Kuba sollte die US-Atlantikflotte die Trans­portschiffe aufhalten. Die Transportschiffe wurden von einem sowjetischen U-Boot begleitet. Die Amerikaner wussten nicht, dass dieses U-Boot nuklear bestückte Torpedos an Bord hatte, ausreichend, um die gesamte US-Atlantikflotte in die Luft zu sprengen. Ein US-Zerstörer warf Übungswasser­bom­ben auf das sowjetische U-Boot ab, um es zum Auftauchen zu zwingen. Der Kommandant des U-Boots ging wegen des Angriffs mit den Wasserbomben davon aus, dass der Krieg bereits begonnen haben könnte und er deshalb die Atomtorpedos abfeuern müsse. Für das Abfeuern der thermonuklearen Torpedos war die Zustimmung dreier Offiziere notwendig. Der Flotten­kommandant, Wassili Archipow,[21] lehnte anfangs als einziger den Abschuss der Atomtorpedos ab. Die Vernichtung der US-Flotte hätte unweigerlich einen totalen Atomkrieg ausgelöst. Archipow konnte schließlich den U-Boot-Kommandanten überzeugen, das Boot auftauchen zu lassen und auf weitere Befehle aus Moskau zu warten.

Erst im Herbst 2002 wurde auf einer Konferenz zum 40. Jahrestag der Kubakrise in Havanna offiziell bekannt, dass ein Mann namens Archipow die Menschheit vor einem Atomkrieg bewahrt hatte[22].

Weil die USA und die UdSSR damals die große Gefahr eines „Atomkriegs aus Versehen“ erkannten, wurden die sowjetischen Mittelstrecken-Raketen in Kuba und die amerikanischen in der Türkei abgebaut.

In den 1980er Jahren stationierten beide Seiten erneut Mittelstreckenraten in Europa. Die Vorwarnzeit betrug damals weniger als 15 Minuten. Eine hochgefähr­liche Lage. Nach dem Protest von Millionen und Millionen Menschen weltweit kamen der damalige US-Präsident Reagan und der sowjetische Präsident Gorbatschow überein, auch diese Raketen wieder abzubauen.

 

6.   Beinahe-Atomkrieg bei NATO-Übung 1983 „Able Archer“

Ab 1980 verschärfte sich der „Kalte Krieg“. Sowohl die USA als auch die Sowjetunion verfügten über Nuklear­sprengköpfe zum mehrfachen Aus­löschen des Gegners und des Rests der Menschheit. Im Fall eines gegnerischen Angriffs sollte sofort ein Gegenschlag mit der Totalzerstörung des Gegners erfolgen.

US-Präsident Ronald Reagan hatte nach seinem Amtsantritt die Abrüstungs­gespräche beendet, das Raketen­abwehr­programm SDI gestartet und 1983 in seinen Reden die Sowjetunion als "Reich des Bösen" bezeichnet, mit dem es keine Koexistenz geben könne. Erhöht wurden die Spannungen durch den Abschuss eines Zivil­flugzeugs durch sowjetische Kampfjets. Reagans pathetische Rhetorik verfolgte der ebenfalls greise und zudem von schwerer Krankheit gezeichnete sowjetische Staatschef Jurij Andropow sehr genau. Er rechnete fest mit einem amerikanischen Überraschungsangriff. Den USA war nicht bekannt, dass die sowjetische Seite wirklich einen amerikanischen Atom-Angriff fürchtete.

In dieser Spannungslage im November 1983 meldeten die sowjetischen Satelliten einen Angriff mit Inter­konti­nental­raketen. Entgegen den Vorschriften reichte der diensthabende Oberstleutnant Petrow[23] diese Meldung nicht sofort weiter. So konnte die Meldung als Fehlalarm entdeckt und das atomare Inferno verhindert werden.

 

Wenige Tage später hielt die NATO in Europa eine große Militärübung ab, „Able Archer 83“,  die einen Atomkrieg simulierte.[24]

Der hohe Realitätsgrad, die strenge Geheimhaltung und die damals besonders angespannte Lage lösten in der Sowjetunion Panik aus, die NATO-Übung sei nur Deckmantel für einen unmittelbar bevorstehenden Nuklear­schlag der USA. Die Sowjetunion machte ihre Atomraketen startklar. Der deutsche Spion Rainer Rupp, Deckname „Topas“, arbeitete damals im NATO-Hauptquartier in Brüssel und hatte deshalb interne Kenntnisse. Er meldete über die DDR nach Moskau, die NATO-Übung sei wirklich nur eine Übung. Wahrscheinlich waren diese Informationen wesentlich dafür, dass diese NATO-Übung  nicht das nukleare Inferno auslöste.

 

 

4.    Der Ausstieg Deutschlands aus der „nuklearen Teilhabe“ ist möglich

Das Konzept der nuklearen Abschreckung, heißt im englischen „Mutually Assured Destruction“, abgekürzt MAD = „verrückt“ oder „wahn­sinnig“. Die angeführten Beispiele für Beinahe-Atomkriege zeigen, dass das Konzept der nuklearen Abschreckung in der Tat verrückt und wahnsinnig ist.

 

Die Atombomber in Deutschland sind keine Verteidi­gungswaffen. Sie tragen nichts bei zur Lösung der gegen­wärtigen Krise. Im Gegenteil: Sie erhöhen die internationalen Spannungen. Sie erhöhen das Risiko eines Atomkriegs und die Unbewohnbarkeit unseres Planeten. Und sie machen Deutschland zu einem bevorzugten Angriffsziel.

 

Den meisten, die von Friedenssicherung durch militärische Stärke, von mehr Rüstung und von atomarer Abschreckung reden, sind diese Risiken schlicht nicht bekannt. Deshalb ist es noch möglich, die Atombomben und Atombomber in Deutschland abzuschaffen.

 

Die Abschaffung der deutschen Atombomber ist keineswegs weltfremd und unrealistisch: Teile der deutschen Parteien sind[25] oder waren dafür. Sogar im Koalitionsvertrag der CDU-FDP-Regierung stand im Jahr 2010 ausdrücklich: Die Bundesregierung  werde sich "im Bündnis sowie gegenüber den amerikanischen Verbündeten dafür einsetzen, dass die in Deutschland verbliebenen Atomwaffen abgezogen werden.“[26] Die zuständige Fachstelle des Bundestages stellte erst kürzlich fest, dass die Aufhebung der nuklearen Teilhabe nicht gegen Deutschlands NATO-Verpflich­tungen verstoßen würde. Und technisch wäre das auch kein Problem: Die polnische Regierung hat bereits ihre Bereitschaft erklärt, diese Rolle zu übernehmen.

Es gab schon einige Ziele der Friedensbewegung, die von Militärköpfen als unrealistisch, als weltfremd, als undurchführbar bezeichnet, aber dennoch erreicht wurden. So zum Beispiel in den 80er-Jahren der Abbau der russischen und amerikanischen atomaren Mittel­strecken­raketen in Europa, der Verzicht der Supermächte auf Antipersonenminen, oder der Atomwaffenverbotsantrag der UN, der von 122 Staaten befürwortet wurde.

Die Hoffnung bleibt, dass die Abschaffung von Atomwaffen in Deutschland auch auf diese Liste kommt.



[1] https://de.wikipedia.org/wiki/Fliegerhorst_B%C3%BCchel

[2] https://www.greenpeace.de/frieden/atomwaffen

[3]https://de.wikipedia.org/wiki/B61_(Kernwaffe)#B61-12

[4] https://www.heise.de/tp/features/Neue-US-Atombomben-fuer-Deutschland-6289917.html

[5] https://www.tagesschau.de/inland/bundeswehr-f-35-kampfflugzeuge-101.html

[6] https://konflikteundsicherheit.wordpress.com/2018/08/21/f-35-hightech-kampfjet-oder-15-billionen-us-desaster/

[7] https://stackoverflow.com/questions/2898571/basis-for-claim-that-the-number-of-bugs-per-line-of-code-is-constant-regardless  (hier: Antwort 13)

[8] https://konflikteundsicherheit.wordpress.com/2018/08/21/f-35-hightech-kampfjet-oder-15-billionen-us-desaster/

[9] Ebda.

[10] https://www.fwes.info/fwes-21-1.pdf

[11] https://de.wikipedia.org/wiki/Wassili_Alexandrowitsch_Archipow

[12] Sendung „Maischberger“ vom 14.05.2022, https://www.youtube.com/watch?v=5N6dNhPLP_M

[13] https://en.wikipedia.org/wiki/List_of_military_nuclear_accidents

[14] Ebda.

[15] https://atomkrieg-aus-versehen.de

[16] https://www.fwes.info/fubk-21-1-LONG-de.pdf

[17] a.a.O., S. 67

[18] http://www.documentarymania.com/player.php?title=Countdown%20to%20Zero

[19]Am Rande des Atomkriegs Teil 1 – Von Hiroshima zur Kuba-Krise“; https://www.fwes.info/fubk-21-1-LONG-de.pdf,  S. 33

[20] https://en.wikipedia.org/wiki/List_of_nuclear_close_calls

[21] https://de.wikipedia.org/wiki/Wassili_Alexandrowitsch_Archipow

[22] https://www.bundeswehr-journal.de/2016/wassili-archipow-der-mann-der-die-welt-rettete/

[23]https://de.wikipedia.org/wiki/Stanislaw_Jewgrafowitsch_Petrow , https://www.dekoder.org/de/article/petrow-kalter-krieg-atomkrieg-verhindert , https://www.fwes.info/fubk-21-1-LONG-de.pdf S. 76

[24] https://de.wikipedia.org/wiki/Able_Archer_83

[25] https://www.sueddeutsche.de/politik/atomwaffen-nato-koalitionsverhandlungen-1.5454795

[26] https://www.zeit.de/politik/deutschland/2010-02/abruestung-atomwaffen-westerwelle-2

 

 

 

Juli 2022,  Maik Schluroff.  Anfragen an maik(at)schluroff.de